1786 brach 37-jährige Johann Wolfgang von Goethe zu seiner Italienreise auf, die er später zu einem seiner berühmtesten Werke machte. Als großer deutscher Dichter und Schriftsteller zeigte sich Goethe als aufmerksamer Beobachter und vermerkte in seinem Reisetagebuch Besonderheiten, Details, Traditionen, Facetten der italienischen Kultur und Lebensweise. Sein Reisebericht ist eine Reise in das Herzen eines Italiens, das sich dem 19. Jahrhundert näherte. Und unter den verschiedenen Aspekten, die der deutsche Schriftsteller aufgezeichnet hat, befindet sich auch die Produktion von Olivenöl in Italien.
Die Ölbäume sind wunderliche Pflanzen; sie sehen fast wie Weiden, verlieren auch den Kern, und die Rinde klafft auseinander. Aber sie haben dessenungeachtet ein festeres Ansehn. Man sieht auch dem Holze an, daß es langsam wächst und sich unsäglich fein organisiert. Das Blatt ist weidenartig, nur weniger Blätter am Zweige. Um Florenz an den Bergen ist alles mit Ölbäumen und Weinstöcken bepflanzt, dazwischen wird das Erdreich zu Körnern benutzt.
Dies schrieb er in Perugia, nachdem er die toskanische Landschaft durchquert und die Olivenhaine dort bewundert hat. Toskanische Öle waren bereits eine feste Einnahmequelle, als Goethe Italien durchquerte. Wie heute waren die in der Toskana produzierten Öle besonders begehrt und von ausgezeichneter Qualität.
Während im 18. Jahrhundert Öl in anderen Regionen auch im Textilsektor oder als Brennöl verwendet wurde, wurde das toskanische Öl ausschließlich am Tisch verwendet. Heute werden in der toskanischen Hügellandschaft die Olivensorten Frantoio, Razzo, Leccino, Morcone, Moraiolo un Ogliarola Seggianese angebaut. Eine Produktion, die im Vergleich zu den südlichen Regionen klein ist, aber dennoch sehr raffinierte Produkte liefert.
Von Perugia bis Terni sind es nur ein paar Kilometer. Goethe konnte auf dem Weg dorthin den Prozess der Olivenernte miterleben und beschreibt dies so:
Man fängt nun an, die Oliven abzulesen. Sie tun es hier mit den Händen, an andern Orten schlagen sie mit Stöcken drein. Kommt ein frühzeitiger Winter, so bleiben die übrigen bis gegen das Frühjahr hängen. Heute habe ich auf sehr steinigem Boden die größten, ältesten Bäume gesehen.
Auf seiner Reise nach Umbrien konnte Goethe die Olivenbäume nicht übersehen, es gibt sie dort sehr zahlreich. Sie garantieren ein Olivenöl von herausragender Qualität. Selbst die Ernte hat sich nicht grundlegend verändert. Sie verläuft noch heute weitgehend so, wie der deutsche Schriftsteller es damals beschrieben hat. Das heißt, von Hand oder mit einfachen Werkzeugen.
Das umbrische Olivenöl steht unter dem Schutz: “DOP” entspricht der deutschen geschützten Ursprungsbezeichnung. Zu den häufigsten Olivensorten gehören Frantoio, Moraiolo und Leccino. Und je nach Produktionsgebiet enthalten die verschiedenen Etiketten geografische Angaben: "Colli Assisi Spoleto", "Colli Martani", "Colli Amerini", "Colli Orvietani" oder "Colli del Trasimeno".
Goethe bewunderte Italien, und war auch von der Olivenölherstellung fasziniert, so wie viele andere Reisende auf der Halbinsel vor und nach ihm. Auch heutige Italienreisende können noch die Aromen genießen, die den großen Dichter betörten; auf einer Reise des Geschmacks, die einem der berühmtesten italienischen Produkte nachspürt, das für die italienische Küche grundlegend ist.